Miniaturmaler hatten eine offizielle Stellung am Hofe, und ihre Werke reflektierten die Interessen, den Geschmack und den Charakter der jeweiligen Herrscher. Miniaturen wurden nicht nur aus persönlichen, sondern auch aus politischen Beweggründen bestellt: Herrscher verschenkten ihr Porträt im Kleinstformat, um dem Empfänger ihre Gewogenheit auszudrücken oder um damit ihre Macht zu demonstrieren. Da Regenten den Miniaturmalern in der Regel nicht Modell saßen, stützten sich diese auf Vorlagen anderer Künstler. Sie malten
zuerst eine Musterminiatur und später die gewünschte Anzahl an Kopien. Im Lauf der Zeit mussten Repliken den Wünschen des Auftraggebers angepasst werden. Manchmal sollte die Kleidung ausgetauscht werden, manchmal die Accessoires oder der Hintergrund. Bisweilen wurde das Antlitz auch etwas verjüngt oder – je nach Wunsch – gealtert. Die Ähnlichkeit mit dem Herrscher war dabei oft zweitrangig. Wichtiger war, dass er darauf wiedererkannt wurde und das Bildnis die gewünschte Aura besaß. Zu den „politischen“ Porträts kann man auch Verlobungsminiaturen zählen. War ein Herrscher auf Brautschau, die ausgewählte Dame wohnte aber weit entfernt, waren Miniaturen oft die einzige Möglichkeit, sich von deren Aussehen vor der Vermählung ein Bild zu machen.
Die Tudors, die von 1485 bis 1603 in England regierten, waren die ersten Sammler von Porträtminiaturen. Heinrich VIII besaß Werke von Lucas Horenbolte (Horenbout) und Hans Holbein dem Jüngeren. Charles I hatte ungefähr 80 Miniaturen in seiner Privatgalerie im Whitehall Palace in London.